
Artist | MOKA EFTI ORCHESTRA |
Title | Telegramm |
Homepage | MOKA EFTI ORCHESTRA |
Label | MOTOR ENTERTAINMENT |
Leserbewertung |
Was war zuerst? Babylon Berlin oder das MOKA EFTI ORCHESTRA? Tatsächlich entstand die Jazz-Combo zunächst für die deutsche Fernsehserie, die in den späten zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts spielt. Das Moka Efti war ein real existierendes Kaffee- und Tanzhaus in Berlin, in dem es aber wohl nie so hoch herging wie im fiktionalen Moka Efti. Gegründet wurde das MEO 2018 von den drei Musikern Nikko Weidemann, Mario Kamien und Sebastian Borkowsk, die beim zweiten Silberling „Telegramm“ auch die Produktion übernommen haben. Gut ein Dutzend Musiker zählt das MEO, das Swing-, Hot-Jazz- und Ragtime-Stücke performt, die aus „Babylon Berlin“ stammen könnten, sich aber längst aus dem Umfeld der Serie emanzipiert haben.
Gleichwohl würden auch die Lieder auf „Telegramm“ bestens als Soundtrack funktionieren. Instrumental geht es mit dem beschwingt steppenden „Tresor Unser“ los, ehe das coole „Last Chance Sweet Valentine“ abwechslungsreich übernimmt. Die Vocals stammen an dieser Stelle von Clemens Rehbein, der üblicherweise bei MILKY CHANCE am Mikro agiert. Afro-kubanische Rhythmen und Latin-Grooves halten mit „Turquoize“ Einzug. Hier könnte das Gesangs-Duo kaum smarter sein, denn FRIEDRICH LIECHTENSTEIN und SEVERIJA schenken der Nummer mit ihren samtenen Stimmen einen ganz besonderen Schmelz. SEVERIJA war übrigens auch diejenige, die den mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Titelsong „Zu Asche, zu Staub“ so unverwechselbar intoniert hat. Mit „Bedeutend“ verlässt das MOKA EFTI ORCHESTRA die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts und sorgt für die musikalische Untermalung eines Hollywood-Streifens der 50er Jahre. Oder würde man den Song eher auf einer MANFRED-KRUG-Platte der späten Sechziger vermuten? Oder auf einer anspruchsvollen Big-Band-Gala der Siebziger? SEVERIJAs Aufforderung „Join The Club“ kommt als Melange aus Pop, Chanson und Bar-Jazz mit jeder Menge lateinamerikanischen Rhythmus daher, wo sich auch das instrumentale „Sohn“ sehr wohlfühlt. Swing und Jazz sind die wesentlichen Zutaten von „Dog Gone Love“, das fast schon zum Fingerschnippen und Kopfnicken zwingt, während die instrumentale „Eilmeldung“ mit flottem Swing ins Bein geht und „We Can Stop The Show“ endgültig auf den Tanzboden bittet. Der Brecht-/Weill-Klassiker „Surubaya Johnny“ bringt noch einmal Variete-Feeling ins Spiel, bevor „Ein Ballade“ am Ende ein traditionelles jiddisches Lied zu Gehör bringt. Der Sänger, Schauspieler und Sprecher KARSTEN TROYKE, der sich insbesondere mit jiddischem Liedgut einen Namen gemacht hat, hat das Stück von der Holocaust-Überlebenden Sara Bialas Tennenberg gelernt.
Die größte Stärke des MOKA EFTI ORCHESTRA liegt zweifellos in seiner Wandlungsfähigkeit. Nicht nur, dass seine Mitglieder auf verschiedenen Positionen einsetzbar sind und auch als Sänger eine gute Figur machen, auch der Sound auf „Telegramm“ ist vielseitig und spannt den Bogen gekonnt von den 1920ern bis ins Hier und Jetzt. Kein Wunder, dass sich die illustren Sangesgäste hier geradezu die Klinke in die Hand gegeben haben.
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