
Artist | MONA MUR & EN ESCH |
Title | Do With Me What You Want |
Homepage | MONA MUR & EN ESCH |
Label | DANSE MACABRE |
Leserbewertung |
Schon seit 2007 arbeiten die beiden Underground-Ikonen MONA MUR und EN ESCH zusammen, sind weltweit live unterwegs und lieferten vor einigen Jahren bereits das Album „120 Tage“ ab. Während auf diesem Longplayer noch zahlreiche Ideen aufbereitet worden waren, die MONA MUR teilweise schon Mitte der Achtziger im Umfeld der EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN realisiert hatte, gibt es nun über eine Stunde ganz neues Material.
Und was für welches. Über den hypnotischen Industrialrhythmen und mäandernden Klanglandschaften verbinden sich MONA MURs dunkle, kalt-erotische Vocals perfekt mit EN ESCHs Sprechgesang und kantigen Gitarrenattacken. Ihre musikalische Herkunft können die beiden nicht verleugnen; gerade beim Opener „Justice“ gewittern ein paar schöne Achtziger-Industrial-Breaks durchs Soundgefüge, aber retro ist das keine Sekunde. Die Beats, mal extrem tanzbar und mitreißend, mal wunderbar hypnotisch, verorten „Do With Me What You Want“ ohne jeden Zweifel im zweiten Jahrzehnt unseres Jahrtausends. Seine Kraft zieht dieses Album allerdings tatsächlich aus einem der erprobten Grundprinzipien des Industrials: Aus der Kombination eigentlich kalter Sounds, aus isolierten, kargen Leadgitarren, Geräuschsamples, elektronischen Rhythmen und schwebenden, soundtrackartigen Keyboards entsteht ein hoch emotionaler Sound, leidenschaftlich und gewaltig, voller Abgründe und Untiefen. Dieselbe Kunst beherrscht Mona Mur mit ihrer Stimme: „In der Liebe und im Krieg wirst du brennen, wirst gefressen – jedes Mittel recht zum Sieg“, intoniert sie im passend betitelten „Eiskalt“ in kontrolliert kühlem Gesang und lässt gleichzeitig nicht den geringsten Zweifel, dass sie in der Liebe und Krieg wirklich brennt. Man möchte glauben, allein die Texte brächten das Gefühl in die Songs, aber die einzige Coverversion dieser Platte beweist eindrucksvoll das Gegenteil: „Easy Living“ von URIAH HEEP ist zwar im Original eine ganz nette Rocknummer, aber eher mit einem Durchschnittstext ausgestattet, den auch MARC BOLAN an einem seiner „She’s my woman in gold but she’s not very old“-Tage hätte schreiben können. Aber wenn Mona Mur „Somewhere along the lonely road I had tried to find you“ singt, dann bekommt diese Sammlung von Textklischees unerwartet Tiefe und Authentizität: Die Sehnsucht nach Liebe und der Wunsch nach einem besseren Leben sind plötzlich echt. Dass MONA MUR und EN ESCH zudem der Versuchung widerstehen, das karge, getragene Arrangement irgendwann doch noch explodieren zu lassen, hält die Spannung bis zum letzten Ton.
Großartig gelungen sind auch der dräuende, stampfende Titelsong und das erotische „Touch“, in denen Tanzbarkeit und Atmosphäre sich ideal miteinander verbinden. Dabei ist dieses Album nichts für Kleingeister, die lediglich einen Soundtrack zum Abfeiern suchen: Dazu gibt es hier zu viele Überraschungen, angefangen mit der jazzigen Akustikgitarre von „Guilty“, die sich sperrig über den gehauchten Sprechgesang legt, den beide Partner im Duett eingesungen haben. Überhaupt besticht „Do With Me What You Want“ durch seine enorme Vielseitigkeit – von der fiependen, pulsierenden Elektronik-Tour-de-Force „Le Weltanschauung“ über das hymnische „My Life“ bis zum melodischen „Silly Romance“. Und so ist dieses Album kraftvoll, bewegend und enorm einfallsreich geworden – viel mehr kann man sich von einer Platte nicht wünschen.
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