OTTO DIX - Wonderful Days

Nein, wir besprechen hier neuerdings keine Gemälde. Und es geht auch nicht um den bekannten deutschen Künstler. Obwohl es zu seinem 120. Geburtstag passend wäre. Den Namen OTTO DIX hat sich nämlich auch ein russisches Elektro-Duo verpasst. Während in unseren Breiten wohl doch eher der Maler bekannt ist, dürfte es im ehemaligen Sowjetimperium die musikalische Variante sein. Dort haben sie in den letzten drei Jahren mehr als 300 Konzerte gegeben und somit neben diversen Auftritten im russischen Staatsfernsehen so gut wie jede Stadt westlich und östlich des Urals besucht. Sie sind dort eine klingende Legende. Und diesen Status will die Band nun mit dem neuen Album auf Europa ausweiten.

Die ersten Töne sind stampfende Elektrobeats. Nichts Ungewöhnliches. Aber nach ein paar Sekunden setzt der Gesang ein. Und ab dann ist alles anders. Genderneutral bezeichnet man die über allem stehende Stimme des Neutrums Michael Draw. Vergleiche mit KLAUS NOMI lassen sich nicht von der Hand weisen. Nur hier wird noch auf Russisch gesungen, was die ganze Sache nicht einfacher macht. Der Countertenor singt von zerbrochenen Träumen zwischen ehemaligem Zarenreich und dem postindustriellen Russland von heute. Die slawische Schwermut wird mit Elektro- und Gothic-Elementen untermalt. Violine und E-Gitarre kommen dabei ebenso zum Einsatz wie abwechselnd harte und zarte Elektroklänge. Soundtechnisch auf jeden Fall äußerst gelungen, bedarf es bei der Stimme doch etwas Gewöhnung. Anfangs noch etwas abgeschreckt, war ich erstaunt, dass ich mit längerem Hören langsam Gefallen gefunden habe.

Nicht ohne Grund haben OTTO DIX zahlreiche Fans, die ihnen durchs ganze Land folgen. Gebt dem Album etwas Zeit zum Hören und ihr werdet vielleicht eure Freude dran haben. Neues muss immer erst reifen, und mit „Wonderful Days“ haben wir schon erst mal einen kleinen Kulturschock zu verdauen. Aber ist der erst überwunden erschließt sich eine ganz neue musikalische Seite.

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