SCHANDMAUL - Kunststück (DVD)

Es kann sehr desillusionierend sein, wenn man seine Lieblingsband bei Versuchen beobachtet, sich ohne elektronische Unterstützung zu profilieren. Manche „Unplugged“-Konzerte sind aber auch zu eindrucksvollen Demonstrationen hohen musikalischen Niveaus geworden, auf dem so mancher Uneinsichtige beispielsweise NIRVANA nicht vermutet hätte. Steckdosenfreie Konzerte von ERIC CLAPTON bis hin zu DEINE LAKAIEN sind in den 90ern zum Kult geworden. Dieser hehren Tradition setzen SCHANDMAUL mit „Kunststück“, meiner Ansicht nach, die Sahnehaube auf. Nun gut, sie gönnen sich E-Bass und E-Kontrabass. Doch das ist ein vergleichsweise kleiner Bruch, und das Ergebnis rechtfertigt diesen Kompromiss. Sich auf einen wackeligen Barhocker setzen, fein Dudelsackpfeifen und ein bißchen Klampfen war Thomas Lindner, Birgit Muggenthaler, Anna Kränzlein, Martin Duckstein und Stefan Brunner offenbar zu wenig. Sie holten sich das Puchheimer Jugendkammerorchester unter der Leitung von Peter Michielsen ins Boot, probten die schönsten Stücke ihrer Alben „Narrenkönig“, „Von Spitzbuben und anderen Halunken“, „Wahre Helden“ sowie „Wie Pech & Schwefel“ ein und bespielten mit dem Circus Krone eine glamouröse Location. Gäste wie Wim und Castus von CORVUS CORAX oder Oliver Sa Tyr (FAUN) machten das temperamentvolle Konzert-Erlebnis komplett. Songs wie „Herren den Winde“ und „Walpurgisnacht“ in Überschallgeschwindigkeit lassen Neid auf die Fans aufkommen, die es geschafft haben, bei diesem Konzert dabei zu sein. Das ist zwar alles rechtschaffen unauthentisch, wenn man mittelalterliche Musik ernst nimmt, aber im Fall von SCHANDMAUL ist das wirklich nebensächlich, denn diese Herrschaften machen Spaß. Reggaeflow in den Percussions, Folkrock auf Drehleier und Schalmei, Wunderkerzen, Chorgesang des Publikums. Was für ein Spektakel!

Die nun vorliegende DVD ist ein Live-Mitschnitt in perfekter Ton- und Bildqualität nebst Hochglanz-Booklet und wartet nebenbei noch mit einigen Extras auf. So macht das von allen Beteiligten ausgiebig kommentierte Tagebuch zur Akustiktour klar, was für einen Riesenaufwand das „Kunststück“ bedeutete. Mir persönlich hat beim Tourtagebuch besonders gut gefallen, wie sich die Bandmitglieder gegenseitig hops nehmen: Wer hat schon einmal einen Drummer mit dicken Backen auf einem Löffel Schalmei spielen sehen? Selbstironie gehört zu dieser Band, aber auch das große Engagement aller Beteiligter, das man eben für solche Großprojekte braucht. Dieses Engagement beschränkt sich bei den Schandmäulern aber nicht nur auf das eigene Karrierestreben. Auf der DVD ist auch ein Bericht über die Zusammenarbeit mit dem Musiktherapiezentrum in Heidelberg zu sehen. SCHANDMAUL beließen es nicht dabei, einmal publicityträchtig mit kranken oder behinderten Menschen zu musizieren. Die Band hat sich in Vorlesungen gesetzt, mit Patienten gesprochen und sich gründlich über Methoden und Wirksamkeit der Musiktherapie informiert, beispielsweise in der Behandlung von Tinnitus und Migräne. Nun, der Vorteil einer DVD ist, daß man einzelne Kapitel gezielt anklicken kann. Ich fand diesen Film wichtig und gut gemacht, könnte mir aber vorstellen, daß das Thema nicht jeden Fan interessiert. Selber schuld, kann ich da nur sagen.

Natürlich gibt’s auch das obligatorische „Hinter-den-Kulissen“-Filmchen (mit lustigen Elterninterviews!), zudem eine Slideshow. Was will man mehr? Schöne Optik, nette Menüs, super Inhalte: 5 von 5 möglichen Sternchen!

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.