
Artist | THEES UHLMANN & BAND |
Title | 100.000 Songs live in Hamburg |
Homepage | THEES UHLMANN & BAND |
Label | GRAND HOTEL VAN CLEEF |
Leserbewertung |
Wie sehr ich während der Pandemie Live-Konzerte vermisst hatte, wurde mir an einem Dienstag im August 2021 mit den ersten Takten von „Fünf Jahre nicht gesungen“ überdeutlich. Nach 19 Monaten Konzertpause stand ich endlich mal wieder vor eine Bühne. Zwar nicht im üblichen Gedrängel, sondern vorbildlich auf Lücke, um dem beschissenen Virus keine Angriffspunkte zu bieten, aber immerhin saß ich nicht in einem Strandkorb oder noch schlimmer in meinem Auto. THEES UHLMANN & BAND hatten nach Rheine geladen und bereiteten ihren Gästen einen wunderbaren Abend. Nun ist auch eine Live-CD kein adäquater Ersatz für einen solchen Gig, aber trotzdem freue ich mich „100.000 Songs live in Hamburg“ in Händen zu halten.
Denn die 23 Songs auf dem Doppelalbum wissen die Stimmung, die üblicherweise auf einem THEES-UHLMANN-Konzert herrscht, gut zu transportieren. Mal ganz davon abgesehen, dass der 48-jährige Fronter, der auch Gründungsmitglied der Indie-Band TOMTE war und zudem gemeinsam mit Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff (beide KETTCAR) 2002 das fabelhafte Label Grand Hotel van Cleef aus der Taufe gehoben hat, zwischen den Liedern mit wachsender Begeisterung seine kleinen Geschichten zum Besten gibt. Fast zwei Stunden darf man sich vorstellen, selbst in Hamburg in der ehrwürdigen Großen Freiheit 36 dabei gewesen zu sein. Angefangen beim Stimmengewirr und der Pre-Konzert-Musik des Mischers, die begeistertem Klatschen und Rufen weichen, wenn die Band (namentlich Simon Frontzek, Nitzan Hoffmann, Martin Kelly, Rudi Maier, Max Perner und Hubi Steiner) auf der Bildfläche erscheint und der Opener erklingt. Spätestens beim nachfolgenden „Danke für die Angst“ (beide Stücke stammen vom 2019er „Junkies und Scientologen“) gibt es dann kein Halten mehr und auch im heimischen Wohnzimmer muss getanzt werden. Mein emotionaler Höhepunkt wird wenig später von „& Jay-Z singt uns ein Lied“ markiert – jenem großartigen Track, der auf dem selbstbetitelten Debüt von 2011 zu finden ist und bei dem auf der Platte CASPER den Rap-Part übernimmt. Schön ist es aber auch, alte TOMTE-Songs zu hören, konkret „Ich sang die ganze Zeit von dir“, „Korn & Sprite“, „Schreit den Namen meiner Mutter“ und „Die Schönheit der Chance“. Keine Frage, dass hier lauthals mitgesungen wird – in der Konzertlocation ebenso wie im Auto. Für die Fans, die ebenso wie Thees auf dem Dorf großgeworden sind, darf die Hymne „Lat: 53.7 Lon: 9.11667“ natürlich nicht fehlen. Hinter den geografischen Koordinaten verbirgt sich das Städtchen Hemmoor in der Nähe von Cuxhaven und die Ansage zum landläufig auch „Hier komm ich her, hier bin ich geboren“ betitelten Stück ist verbunden mit einer brillanten Story, die von Thees und seiner damals achtjährigen Tochter handelt. Währenddessen sorgt „Ein Satellit sendet leise“ für einen nachdenklichen Moment, bevor Kracher wie „Vom Delta bis zur Quelle“ und „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ wieder kollektiv mitsamt des ‚Gefangenenchors‘ abgefeiert werden – wer Thees schon mal live erlebt hat, weiß, was ich meine. Und wenn am Ende „Die Schönheit“ der Chance“ gespielt wird, schließt sich ein Kreis aus perfekt ausgewählten Liedern, die THEES UHLMANN in den letzten gut 20 Jahren gemeinsam mit TOMTE oder der THEES UHLMANN BAND erschaffen hat.
Nach den letzten Akkorden stellt der Sänger und Gitarrist überwältigt fest: „Das war ein geiles Konzert!“ Der frenetische Applaus ist Antwort genug und auch ich bin restlos begeistert und voller Erinnerungen an vergangene Gigs von TOMTE und THEES UHLMANN. Bleibt zu hoffen, dass ich diesen Erinnerungen schon bald wieder ganz viele neue, unbeschwerte Konzerteindrücke hinzufügen kann und gerade diese Clubkonzerte, die ohne große Bühnenshow auskommen, nicht wirtschaftlichen Zwängen zum Opfer fallen und nur die riesigen Arena-Spektakel überleben. „100.000 Songs live in Hamburg“ ist toll, aber leibhaftig dabei immer noch am besten!
Tracklist
CD1
- Fünf Jahre nicht gesungen
- Danke für die Angst
- Die Toten auf dem Rücksitz
- Zugvögel
- & Jay-Z singt uns ein Lied
- Das Mädchen von Kasse 2
- Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop Videodrehs nach Hause fährt
- Was wird aus Hannover
- Ich sang die ganze Zeit von dir
- Lat: 53.7 Lon: 9.11667
- 100.000 Songs
CD2
- 17 Worte
- Ein Satellit sendet leise
- Junkies und Scientologen
- Katy Grayson Perry
- Vom Delta bis zur Quelle
- Zum Laichen und sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf
- Korn & Sprite
- Schreit den Namen meiner Mutter
- Avicii
- Römer am Ende Roms
- Die Nacht war kurz (ich stehe früh auf)
- Die Schönheit der Chance
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