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TOLL - Christ Knows

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Artist TOLL
Title Christ Knows
Homepage TOLL
Label COLD SPRING
Leserbewertung
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10.0/10 (1 Bewertungen)

Cold Spring greift derzeit, genau wie viele andere, tief in den Topf vergangener (?) Musikgeschichte. Die Widerveröffentlichung von TOLL, 1986 ursprünglich als LP bei Broken Flag erschienen, dokumentiert die alte Schule des British Industrial. Handgemachter, ungeschliffener Klang mit einem Hang zu Gesangsexperimenten zeigt, dass Perfektion in der Nutzung von Technik nicht das A und O ist. Der Gebrauch von herkömmlichen Instrumenten, TOLL ist hierbei wie viele frühere Wavebands sehr basslastig, und Effekten wie Hall, Samples oder Rückkopplungen, sorgt dafür, dass es noch so richtig schön „dreckig“ klingt. So ist auch die Hommage an PACFIC 231 eine Anspielung auf das in den 20er Jahren von Arthur Honeggers komponierte musikalisches Portrait einer Dampflokomotive. Hinter TOLL, ursprüngliches Nachfolgeprojekt von RAMLEH, ebenfalls bei Broken Flag, steckt ein gewisser Gary Mundy, nebst Matthew Frith und Tim Soar. Für die remasterte „Christ Knows“ wurden mit Time Gane und Paul Lemons, einigen sicher aus Projekten wie STEREOLAP, CONTROLLED BLEEDING bekannt, noch ein paar Zutaten plus drei bisher noch nicht veröffentlichte Tracks beigefügt. Gary Mundy selbst ging schon mit Projekten wie MALE RAPE GROUP oder SKULLFLOWER in die Musikgeschichte ein. Wer sich ein wenig mit Industrial befasst hat, weiß, dass die Attitüden der Post-Punk Ära auch im früherne Industrial zu finden waren. Deshalb verwundert es wenig, wenn TOLL, Christus weiß warum, an Bands wie KILLING JOKE oder SKINNY PUPPY erinnert.

Leider ist es bloß der Nostalgiefaktor, der TOLL einen Bonus verschafft. Von der Frage geleitet, was gab es nach THROBBING GRISTLE, und was habe ich in den Achtzigern eventuell verpasst, ist diese COLD SPRING Veröffentlichung sicherlich interessant. Es ist schon so, dass TOLL das Maximum an damaliger Technik ausnutzt. Doch wir reden vom Zeitalter der Walkmans, die man hundertmal gegen die Wand schmeißen konnte. Hier geht es um den Versuch, durch das Maximum an Beeinträchtigung einem Medium den letzten schrillen und kaputten Klang abzuverlangen. Sprich, kleb ein paar Tonbandaufnahmen mit Tesafilm aneinander, fahre mit deinem Auto darüber und horche, was passiert. Mein Fazit ist, dass die Wiederveröffentlichung von TOLL ein gutes Beispiel für die Sehnsucht nach dem Rohen und Ungeschliffenen im ursprünglichen Industrial ist, eine Rückbesinnung auf die Zeiten vor der binären Hirn-Auslagerung auf den Laptop.

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