Ort: Störmthaler See bei Leipzig/ Großpösna
Datum: 19.08.2016 - 21.08.2016
Highfield, die 19te. Auch 2016 war die Karten-Nachfrage wieder groß und das Festival war – „trotz“ 10.000 zusätzlicher Karten – erneut ausverkauft. „Friss Staub und lauf dir die Füße platt“, das hätte das Motto des ersten Festivaltages sein können. Da das Event innerhalb eines Jahren um eben die angesprochenen 10.000 Besucher angewachsen war, wurde das Gelände erweitert. Tagesgäste benötigten ca. 30-45 Minuten, um vom abgestellten Auto zum Einlass zu gelangen, und die Rückfahrt konnte sich um Einiges verzögern, wenn man sein Auto auf dem unbeleuchteten und ohne Markierungen versehenen P1- Parkplatz abgestellt hatte, ohne sich den Abstellort zu merken. Wer suchet, der findet – das war dann die nächtliche Herausforderung.
Am Tage kämpfte man dagegen mit dem Staub. So verwandelte die sengende Hitze den Parkplatz und das Campingareal in eine Staubhölle. Selbstgebastelte Schilder warnten davor und man war dankbar, wenn man in das Schussfeld von Wasserpistolen geriet. Der Staub überzog die Zelte und die geparkten Autos und ließ sie konform aussehen. Das war es dann auch schon mit der Konformität. Dazwischen tobte das Partyleben mit Musik aus vielen Zeltecken und guter Laune, wobei viele Sprüche geklopft wurden. Zwischen den Zelten und auf den Hauptwegen wurde Flunkyball gespielt. Neben dem ganzen Wirrwarr an Geräuschen wurde man dann auch von Staubhusten auf dem Weg zum Festivaleinlass begleitet.
Freitag
Am ersten Tag gab es ein buntes Potpourri an Musik. So traf Headliner SCOOTER auf LIMP BIZKIT, aber auch WANDA oder HEAVEN SHALL BURN mischten in der Poleposition mit. Tagsüber gab es eine Melange aus Folk Rock von BRIAN FALLON & THE CROWES (THE GASLIGHT ANTHEM), dem „komödiantischen“ Songwriter OLLI SCHULZ (plus Band) und dem Urban-Brass von MOOP MAMA. Am ersten Tag eröffneten THE FRONT BOTTOMS die Green Stage und SUNSET SONS die Blue Stage. Um kurz vor 18 Uhr war der Auftritt von SUM 41 das erste Highlight des Tages und dementsprechend füllte sich das Infield schlagartig. Gemeinsam stieg die Party zu „Walking Disaster“ und „Fat Lip“. Nicht nur das Gelände quoll über, auch die Lautstärke wurde voll aufgedreht.
Zuvor wurde zu „Der Hoffnung entgegen“ von MASSENDEFEKT das erste Mal der (ja!) Staub durch die tanzenden Fans aufgewirbelt. Bei HEAVEN SHALL BURN waren die Fans dann nicht mehr zu sehen, so dass Marcus selbige im ersten Trakt zum Hinsetzen und Rudern aufforderte und die Leute im zweiten Abschnitt sollten nun durch ihr Tanzen den Staub emportreiben. Und los ging die Metalcore-Abrissbirne zu „Godiva“ Mit den Worten „Wir sind zu Hause“, lieferte er auch das emotionalste Dankeschön an die Besucher ab. Während des Songs „Behind A Wall Of Silence“ warteten schon etliche vor der Blue Stage, um die österreichischen Senkrechtstarter WANDA zu sehen. Mit Zigarette, ausgiebigen Instrumentalparts und dem herüberwehenden Sound von HEAVEN SHALL BURN, tauchte man zu „Gib mir alles“ und „Bussi Baby“ in die sommerliche Nacht.
Zwischen den Auftritten gab es Festival-Tipp-Einspielungen, die daran erinnerten, reichlich Wasser zu trinken. Auch kam der Hinweis, dass Crowdsurfen nicht gestattet sei. Aus diesem Grund sah man die Highfield-Besucher hauptsächlich im Moshpit toben und jumpen und sich in die eine oder andere Wall Of Death stürzen. Aus dem Crowdsurfing-Verbot machte sich manch Künstler nicht viel, allen voran Skin von SKUNK ANANSIE. Die gestandene Powerfrau surfte auf den Fans und schmetterte Hits wie „Because Of You“, „My Ugly Boy“und „Hedonism“ raus. Die Nu-Metal-Formation LIMP BIZKIT surfte nicht, strandete jedoch in Coverversionen und belanglosen Ansagen. Egal, denn „My Generation“, „Rollin‘ “ und „Take A Look Around“ bereiten immer noch Spaß.
Nun hieß es, sich schnell durch das Nadelöhr zwischen Getränkestand und Toiletten zur Blue Stage zu quetschen, um mit SCOOTER eine weitere Institution zu erleben. Mit einem lauten Knall und dem neuen Ohrwurm „ Oi“ ging die Show mit viel Tamtam und Peitschen schwingenden Tänzerinnen los. Neben Pyroeffekten und einer fetten Lichtshow durften „One (Always Hardcore)“, „How Much Is The Fish“ und „Hyper, Hyper“ nicht fehlen… doch warum spricht Hans Peter die wenigen Ansagen eigentlich in Englisch?
Samstag
Neben einem Temperatursturz hatte es nachts geregnet, und die Zelte von ihrer Staubschicht befreit. Am zweiten Tag schlenderte man an den farbenfrohen Zelten und dem bunten Treiben davor vorbei. Der Himmel bot ebenfalls eine bunte Mischung aus weißen, hell- und dunkelgrauen Wolken, dazwischen Fetzen blauen Himmels mit schwül-warmer Luft. Nachdem die Festivalbesucher unsanft durch einen Soundcheck um 7.30 geweckt worden waren, begann das allmorgendliche Ritual der Morgentoilette mit Schlange stehen an den Dixies, dessen Inhalt durch die Hitze einen ungeahnten Geruch entwickelte. Einige putzten noch ihre Zähne, während anderen schon am Frühstückzelt oder am Supermarkt anstanden, andere wiederum holten sich ihre gekühlte Palette vom Becks Service. Währenddessen wuchs die Warteschlange zum See, um sich dort mit einem Ritt auf dem Bananaboat abzukühlen oder etwas Beachvolleyball zu spielen.
Auf dem Festivalgelände konnte man seinen Mut beim Bungee-Springen unter Beweis stellen, sich einen neuen Haarschnitt verpassen lassen, ein Erinnerungsfoto mitnehmen oder im Schaukelstuhl entspannen, beim Tischkicker seine Geschicklichkeit zeigen oder sich bei den Ständen von Antifa, Viva Con Agua, Sea Shepherd, Greenpeace und Peta informieren. Als Stärkung gab es auf dem gesamten Gelände ein breites Angebot (Pizza, arabischer Küche, Crêpes, Döner, sogar in der Lachs-Variante, Asia Nudeln, Pommes am Stiel, diverse Burger – auch vegane – und Handbrot). Außerdem konnte man am Merch wie auch an dem Schmuckstand und den wenigen Kleidungsständen sein Geld lassen. Ein Blick oder gar die Benutzung des vom Land Baden-Württemberg gesponserten Luxus Dixis lohnte, stellte es doch JEDE Festivaltoilette in den Schatten.
RAMMSTEIN hatten an diesem Tag ihren eigenen Merchtruck mitgebracht, der sich neben dem Foodsharing Stand, dem Schließfächerbereich und dem Highfield Poststand in direkter Nähe des Eingangs befand. Musikalisch startete die ALEX MOFA GANG um 11.30 beim Becks Truck, um dann bereits wieder um 14 Uhr auf der Green Stage mit wummernden Bass und dem Song „Immer Noch So Jung“ aufzutreten. Am Samstag dominierte Rap auf der Blue Stage mit CHEFKET, der die Massen zu „Cool Easy Fresh“ zum Mitsingen bewegte. HAFTBEFEHL zündete im Anschluss farbiges Pyro und ließ die Affen aus dem Zoo. Im Publikum war, dank zahlreicher Kostüme, ein halber Zoo vertreten, wenn man auch Einhörner und Dinosaurier dazu zählen darf.
KONTRA K und GENETIKK hauten in die gleiche musikalische Richtung und DIE ORSONS streuten mit dem „Ventilator“-Song und einstudierter Choreographie gute Laune unter die Leute. BLUMENTOPF nahmen, in Gegenlicht gehüllt, Abschied und werden im Oktober auf eine ausgedehnte Abschiedstour gehen. HEADLINER der Blue Stage waren jedoch keine Rapper sondern ANNENMAYKANTEREIT, die mit ihren Balladen „Es Geht Mir Gut“ und „Barfuss Am Klavier“ für Gänsehaut sorgten. Oder kam die von der kühleren Nachtluft?
Allein das Menschenaufkommen und die aufgestellte Pyrotechnik bei der Green Stage ließen schon erahnen, wer um Punkt Mitternacht an der Reihe war: natürlich RAMMSTEIN, Headliner und Zugpferd zugleich. Mit dem Ende des Countdowns fiel der Vorhang, und das Pyro-Lichtmonster wurde losgelassen. It’s Showtime: erst im weißem Frack, dann in Schwarz führte Till Lindemann durch die RAMMSTEIN-Inszenierung. Neben Hits wie „Links 2-3-4“ und „Du Hast“ erwartete die Fans eine perfekt durchgeplante Show mit Feuer, Nebel, fetten Lichteffekten unter großem Pyroeinsatz und ließ keinen Zweifel daran, dass hier Profis am Werk sind.
Vorher gab es am Samstag eine Premiere auf der Green Stage, denn CALIBAN traten das erste Mal beim Highfield auf, forderten zu „Paralyzed“ erst einmal eine Wall Of Death ein und wollten zu „Devil’s Night“ Staub sehen. Nachdem Jesse seine Augenbrauen und Haare zurecht gezupft hatte, legten EODM mit „I Only Want You“ und „I Want You So Hard“ los. ROYAL REPUBLIC hielten die Stimmung mit „Astronaut“ und „Tommy Gun“ und standen später für Autogramme bereit. Hard Rock und eine Bierdusche gab es bei AIRBOURNE und straighten, gepflegten Punk von NOFX, deren Mitglieder auch schon einige Jährchen auf dem Buckel haben. Neben einem stolzen Alter brachten die Punkrocker auch das kleinste Banner mit.
Sonntag
Ehe man sich versah, war es bereits Sonntag und somit der letzte Festivaltag des Highfields. Für einige bedeutete es, noch an diesem Abend den Weg nach Hause anzutreten, und so sah man um die Mittagszeit den einen oder anderen beim Zeltabbau, während das Gros zum Einlass pilgerte. Rotzig frech wurde der Sonntag von SCHMUTZKI eingeläutet und die MONSTERS OF LIEDERMACHING sorgten für gute Laune und zur ihrer eigenen Überraschung für einen Circle Pit.
Heute war auf der Blue Stage ein buntes Programm angesagt. Allen voran mit BONAPARTE und ihrer skurrilen Show mit maskierten Tänzerinnen, schwarzen Riesenluftballons und einem energiegeladen Tobias Jundt, der akrobatisches Crowdsurfen vollführte. Zu den Songs von JORIS war es vor der Bühne brechend voll und auch die Indie und Electro vereinende Band BLOC PARTY erwies sich als Zuschauermagnet. WOLFMOTHER überzeugten mit ihrem psychedelischen Sound voller ausgiebiger Instrumentalparts und passendem, farbenfrohem Bühnenlicht.
Auf der Green Stage konnte man nach ihrer Reunion in 2015 nun THRICE live erleben, die trotz Erkältung des Sängers ihre Show durchzogen. Der Sänger von ARKELLS war in Topform und tanzte kurzerhand im und mit dem Publikum und kam aus der Menschenmenge mit einem dicken roten Kussmund auf seiner Wange zurück auf die Bühne. Die EMIL BULLS mit Rampensau Christoph brachten mit „Hearteater“ und „When God Was Sleeping“ Schwung vor die Bühne und FÜNF STERN DELUXE holten Rap auf die Blue Stage. MADSEN waren von dem Publikumsgesang zu „Du schreibst Geschichte“ sichtlich hin und weg, wenn nicht sogar gerührt. Weitere Stimmungshits waren „Die Perfektion“ und „Nachtbaden“.
Mit DEICHKIND war der perfekter Headliner des letzten Tages gewählt, so fiel der Abschied vom Festival nicht ganz so schwer. Die Fans hoben ihre Hände zum Dreieck geformten Gruß und ab ging die Abriss-Party mit einer durchgeknallten Show.
Das Highfield 2016 war „Leider Geil“, auch wenn es von der Besucheranzahl sicher am „Limit“ war. „Denken Sie Groß“ war das Motto von 2016. Mal sehen bzw. hören, wie 2017 wird.
Copyright Fotos: Sandra Dürkop
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