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SCOOTER

Ort: Hannover - AWD Hall

Datum: 06.03.2006

Hyper Hyper – Terror Terror. Ein Widerspruch? Im Gegensatz zu einigen eher humorlosen Zeitgenossen finde ich durchaus Gefallen am Trash-Trance der Herren H.P., Rick und Jay Frog, und so war es schnell beschlossene Sache, an diesem immer noch eiskalten Montag Richtung Hannover aufzubrechen. Natürlich waren die Straßenverhältnisse wieder katastrophal, zwischen Gütersloh und Bielefeld war die A2 nach einem schweren Unfall stundenlang vollgesperrt, daher erreichten wir die AWD Hall erst kurz nach 21 Uhr. In diese war das Event verlegt worden, nachdem das Capitol an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen war. Das aktuelle Album „Who’s got the last laugh now?“ ist zwar nicht gerade der Burner in der SCOOTER-Discography, dennoch scheint man über ein sehr treues Stammpublikum zu verfügen, welches erwartungsgemäß eher selten auf unseren Verlagsseiten aufläuft. Als wir die Halle betraten, war der zum wiederholten Male einheizende STARSPLASH schon wieder Geschichte, was wir nicht wirklich bedauerten. Interessant war die Hallenaufteilung im Vergleich zu HIM und THE RASMUS vor ein paar Wochen: Die Bühne war nun an der Längsseite vor einer der beiden Tribünen angebracht, dadurch verkleinerte sich der Innenraum ein wenig, und man hatte von den gegenüberliegenden Sitzen eine ausgezeichnete Sicht auf die Dinge (war bei BILLY IDOL genauso). Die gut 2000 eher männlichen Anwesenden waren jedenfalls überwiegend schon in Partystimmung, von daher konnte es dann auch gegen 21 30 Uhr mit einer kleinen Verspätung losgehen – „Call the posse to the dancefloor!“

Zunächst brach eine geniale Lichtshow ihren Bann, alle Arten von Strahlern und Laserlicht verwandelten die AWD Hall in eine gigantische Großraumdisko. Dann wurde der Backdrop entfernt und gab die Sicht frei auf die 2 erhöht angebrachten Keyboards, an denen Jay und Rick Stellung bezogen. Dazu wurde eine riesige Faust unterhalb der Bühnendecke ausgefahren, und nach ein paar Sekunden wurde klar, dass sie uns einen Stinkefinger präsentieren wollte… oder wohl eher bildlich allen SCOOTER-Lästermäulern. Doch einer fehlte noch, „The God of MCs“ himself H.P. sprintete auf die Stage und begrüßte die Meute mit altbekannten Regieanweisungen. Nach so vielen Jahren sollte er auch wissen, wie er seine Fans in Wallung bringt, und er begann unverzüglich mit der Darbietung des Quasi-Openers der aktuellen Scheibe. „Hello! (Good to be back)“ war natürlich auch ein wunderbares Motto für den ersten Abend der aktuellen Tour, wobei der blondierte Herr offenherzig seine Nervosität gestand. Aber da war ja noch eine Gestalt auf den Bühnenbrettern, und dieser Herr dürfte den Terrorlesern mit ein wenig Metal-Erfahrung durchaus geläufig sein: Jeff „Mantas“ Dunn an der Gitarre!!! Einer der Urväter des Black Metals als Riffmonster bei SCOOTER, eigentlich eine fast unglaubliche Geschichte, die manch einer aus der harten Szene erbost, andere eher belustigt zur Kenntnis genommen hatten. Ich finde es einfach nur spaßig, das ist doch Crossover der reinsten Form und zeigt, dass Musik im Grunde einfach nur verbinden und nicht trennen sollte. Ok, das war jetzt vielleicht zu prosaisch, der Auftritt des nicht mehr ganz jungen Herrn mit Iro hatte sicher auch monetäre Gründe. Da wird er wohl auf einer Tour mit dem deutschen Trance-Trio mehr Kohle abstauben als in seiner kompletten Metal History. Gute Laune hatte er auf jeden Fall mitgebracht, denn er animierte die Zuschauer immer wieder zum Abgehen, einfach nur ein köstliches Bild. Herr Baxter stellte ihn als neuen Member Mantas vor, erwähnte aber den ganzen Abend über den Namen VENOM kein einziges Mal. Wäre auch eher sinnlos gewesen, da 99,9 Prozent der Leute wohl noch nie etwas von Cronos und Co. gehört haben dürften, der eine oder andere mag da eher an einen Opel Manta gedacht haben…

Weiter ging’s in der Setlist mit einigen weiteren Tracks vom neuen Werk wie etwa „The leading Horse“ oder „Take me baby“ (mit einem JOHN FOXX-„Underpass“-Sample als Highlight!), die allesamt ordentlich zündeten, aber nicht die Oberbrecher sind. Richtig fett erklang natürlich „I’m raving“, bei dem die Leute erstmal richtig abgroovten, im Mallorca-Style versteht sich. Dazu verfremdete H.P. BECKs Hymne „Loser“ in „I’m a Raver Baby, so why don’t you kill me“. Solche Elemente sind das Salz in der Suppe und zeigen, dass die SCOOTERs keineswegs so blind durch die musikalische Weltgeschichte stolpern. Auch „Just can’t get enough“ wurde kurz angespielt, aber das richtige Highlight für DEPECHE MODE-Fans folgte später noch mit der Coverversion von „Stripped“, welches stimmlich fast zu gut klang… Direkt danach verzog sich der Sänger von der Bühne und machte den Platz frei für eine mehrminütige Instrumentalpassage. Zunächst wurde es SCHILLER-mässig sphärisch, dann enterten die beiden wohlgebauten Dance-Mädels die Stage und führten einen kleinen Strip zu immer beatigeren Klängen vor. Die wesentlichen Teile blieben allerdings züchtig bedeckt, dafür vollführten sie ein paar neckische Spielchen zu Live-Drum-Schlägen von Rick und Frog. VNV NATION meets BLUTENGEL war mein erster Gedanke, und dass diese Performance sicher auch auf dem WGT für Anklang gesorgt hätte. Leider war dieser Part insgesamt deutlich zu lang und ließ die Stimmung eher ein wenig nach unten absacken. Nichts gegen die Damen, welche fast über die gesamte Laufzeit in immer wechselnden Klamotten herum dancten und sicher nachher genau wussten, was sie körperlich geleistet hatten. Aber diesen Part sollte man im weiteren Verlauf der Tour etwas straffen.

Doch dann war H.P. zurück, der manchmal einen etwas atemlosen Eindruck hinterließ, na ja man wird nicht jünger. Jetzt kamen so langsam die Klassiker dran, auf die alle gewartet hatten. „Aiii shot the DJ“, der verhinderte Grand Prix Beitrag „Jigga Jigga“ (diesmal mit Sängerin vom Band) und das obergeniale „Faster Harder Scooter“, zu dem auch Mantas wieder einen seiner seltenen Beiträge leistete. Sogar ein kleines Solo wurde ihm zugestanden, ein längeres folgte später noch… Die Menschen gingen auf den Track dermaßen ab, dass der Refrain nur begleitet von den Gitarren Riffs noch eine ganze Weile intoniert wurde. Nicht vergessen werden sollte aber auch der besondere Song „Am Fenster“, die Coverversion der ostdeutschen Formation CITY, das einzige Stück, das SCOOTER jemals in deutsch aufgenommen haben, und welches nur auf einer Best of und einer „Pop 2001 – Geschichte wird gemacht“-Compilation enthalten ist. Mit „One (Always Hardcore)“ beendete man die Darbietung fürs erste, doch die Meute hatte Blut geleckt und forderte mit dem typischen „Düb Düb Düb Dü Dü Düb Düb Düb“ (Melodie im Sinn) die Rückkehr der Jungs. Ein Lasertext verhieß aber zunächst, dass man noch lauter eine Zugabe fordern sollte. Schließlich kehrte man mit „Fire“, einigen dementsprechenden Pyroeffekten und natürlich Mantas wieder zurück, auch Baxter hatte sich nun eine Gitarre umgeschnallt und moshte mit Jeff um die Wette. Großes Kino, vor allem als der mittlerweile spieltechnisch sehr fitte Engländer das schon angesprochene „große“ Solo präsentierte und man sich für eine Minute auf einem Metal Konzert wähnte. Zum Abschluss sprühten sogar Funken aus dem Gitarrenhals! Very Nice! Zu den Klängen von „Ramp (The Logical Song)“ machten wir uns dann vom Acker, da lagen schon deutlich mehr als 100 Minuten Performance hinter uns, was man für den Preis aber auch erwarten konnte. Auf „Hyper Hyper“ wurde erstaunlicherweise verzichtet, hängt den Beteiligten wohl auch schon aus den Ohren heraus.

Was will man mehr? 2 halbnackte Tänzerinnen, ein Black Metal Gitarrist, ein DEPECHE MODE-Cover und treibender Party Techno vom feinsten. Ich werde auch bei der nächsten Tour dabei sein und dann auf der Rückfahrt hoffentlich vom Glatteis verschont werden…

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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