Ort: Bielefeld - PC 69
Datum: 16.09.2003
Nach einem anstrengenden (aber interessanten) Betriebsausflug zur Burg Blomberg und dazugehörigen Ritterspielen mit der Mittelalterformation RABENTANZ erreichte ich kurz vor 20 Uhr das PC 69 in Bielefeld. Es sollte eins der letzten Konzerte in diesem Kultladen werden, denn Ende Oktober wird das PeZe für immer geschlossen. Zu meiner Überraschung waren die Hallen mehr schlecht als recht besucht. Mögen es vielleicht 150 Nasen gewesen sein und die haben mit Sicherheit nicht alle Karten gekauft bei den vielen Fotografen. Noch vor gut einem Jahr zogen die Norweger im Forum in Bielefeld wesentlich mehr Zuschauer, Reizüberflutung, Rezession, Ruf, keine Ahnung was die Gründe für den Schwund sein mögen.
Zunächst aber enterte eine interessante Vorgruppe die Bühne: DELAWARE, ebenfalls aus Norwegen und erklärte Freunde des Hauptacts. Ihre CD „… and everything reminds me“ ist dieser Tage bei Sony/ Columbia erschienen und enthält melodiösen Pop/ Rock im Spannungsfeld von A-HA und eben „harmloseren“ neuen ZEROMANCER-Stücken. Ich war gespannt darauf, wie das Auditorium den doch vergleichsweise sanften Sound aufnehmen würde. So um die 50 Besucher, von denen die wenigsten das Material gekannt haben dürften, verweilten in angemessenem Sicherheitsabstand vor der Bühne (an vorderster Front: Kevin von NCOR!). 4 Musiker, einer mehr als auf CD (dürfte der Bassist gewesen sein), verbreiteten spröden skandinavischen Charme mit eleganter Melancholie. Auch wenn die Songs live nicht wesentlich härter rüberkamen, wurde doch deutlich, dass hier ein Quartett mit Durchblick agierte, der Sound war tadellos und Richard Holmsen live ein ganz ausgezeichneter Sänger (mit tollem Clint Eastwood Shirt!). Sogar die schweren Kopfstimmen-Parts stellten ihn vor keine nennenswerten Probleme. Logischerweise wurden ausschließlich Stücke der Debüt-CD dargeboten, von denen „Crevice“, „Always“ und „Decision“ die bekanntesten sein dürften. Nach 7 oder 8 Tracks war der Spaß vorbei und man erntete zumindest höflichen Applaus und wie ich genau gesehen habe, hat man auch ein paar CDs abgesetzt. Als kleine Empfehlung würde ich geben, nicht ganz so statisch zu agieren, ein wenig mehr Bewegung auf der Bühne kann nicht schaden, aber vielleicht ist man ja noch schüchtern…
Dann begann das kurze Warten auf den Headliner, für den so gut wie jeder Anwesende gekommen war. Schon vor dem ersten Song machte man Gebrauch von der großen Videoleinwand hinter der Bühne. So wurde ein Video gezeigt, welches sozusagen die imaginäre Anfahrt nach Bielefeld darstellen sollte, stilecht im Ami-Cabrio (von der Rückseite der neuen Scheibe). Besonders einfallsreich waren die handgedrehten Aufnahmen vorm und im Inneren vom PC, das gab der ganzen Angelegenheit eine persönliche Note. Dann kamen die hübschen Jungs auf die Bühne, vor der sich schon ein ganzer Schwarm weiblicher ZEROMANCER-Fans breit gemacht hatte. Modetechnisch würde ich sagen, dass Krawatten für Frauen aktuell im Trend liegen! Sänger und Mädchenschwarm Moklebust ist von Kurzhaarfrisur auf halblanges geliertes Haar umgestiegen und erinnert sehr an VJ Markus Kavka von MTV. Allerdings nur vom Gesicht, denn so durchtrainiert dürfte Kavka nicht sein, was man schon nach drei Stücken genau erkennen konnte, denn da hatte sich der Frontmann seines schwarzen Hemdes und der Krawatte entledigt. Respekt, der Mann hat trainiert, wie auf den Fotos zu erkennen sein sollte. Neben ihm hinterlässt eigentlich nur noch Bassist und Songwriter Kim Ljung einen bleibenden Eindruck auf der Bühne. Was die Songauswahl anging, legte man zunächst den Schwerpunkt nicht so sehr auf die neue CD, stattdessen gab es einiges von der Eurotrash-Veröffentlichung auf die Ohren. „Eurotrash“, „Need you like a drug“, „Chrome Bitch“ und die Coverversion „Send me an Angel“ wurden entsprechend abgefeiert und sorgten für einen etwas härteren Einstieg, bevor man mit „Feed you with a Kiss“ und „Erotic Saints“ auch das neue Album entsprechend würdigte. Live waren die Unterschiede erwartungsgemäß nicht so groß, da auch die eher gitarrenorientierten neuen Töne recht hart aus den Boxen dröhnten. „Clone your Lover“ war natürlich ein weiterer Höhepunkt und Klassiker, bei dem der Text zum Mitsingen auf der Videoleinwand erschien, die auch sonst nett genutzt wurde. Mal erschienen dort (im Zugabeteil) Feuerzeuge (man bzw. Frau reagierte sogar mit 2 Wunderkerzen!), mal wurde mit Händen zum Klatschen animiert, auch das gelang gut. „Teenage Recoil“ und die Single „Famous last Words“ bildeten den würdigen Abschluß des regulären Sets, meiner Meinung nach auch die besten Lieder auf „ZZYZX“. Danach ließ man sich nicht lumpen und gab immerhin 2 Zugaben in 4 Akten, drei mal wurde dabei der ersten CD gehuldigt: „Something for the Pain“, „Fade to black“ (mit Abstand das härteste des Abends) und das stimmungsvolle „House of Cards“. Natürlich zwischendurch unterbrochen von DER Bandhymne „Doctor Online“, bei dem die Leinwand diverse Arten der Selbsttötung als ironische Symbole zum besten gab. Kurz vor 23 Uhr war die kurzweilige Angelegenheit beendet, die ein wenig mehr Zuschauer verdient gehabt hätte, aber dafür einen netten Insidercharakter bekam. ZEROMANCER waren jedenfalls sichtlich zufrieden und wir auch!
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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